Politischer Stadtrundgang zum Thema Handel
 

Politischer Stadtrundgang zum Thema Handel

Kreisverband
06.09.2021 – Bericht, Wahl

Die Gewerkschaft ver.di hat uns GRÜNE eingeladen zu einem Politischen Stadtrundgang durch den Dortmunder Handel im Vorfeld der Bundestagswahl. Wir freuen uns, dass neben den beiden Dortmunder Direktkandidat*innen Markus Kurth und Anke Weber auch Frank Bsirske mit dabei war. Frank Bsirske war vom 20. März 2001 bis September 2019 ver.di-Bundesvorsitzender und kandidiert zur Bundestagswahl im Wahlkreis Wolfsburg-Helmstedt für die GRÜNEN.

Verdi-Westfalen-Geschäftsführer Michael Kötzing startete gleich mit einem klaren Appell: "Eine andere Politik ist möglich, aber sie braucht auch Mehrheiten! Wir müssen die sozialen Themen in den Blick rücken, die bisher im Wahlkampf nicht stattfinden." An mehreren Stationen berichteten im Anschluss Beschäftigte den Bundestagskandidat*innen im Einzelhandel aus erster Hand von ihrem Arbeitsalltag und ihren Erfahrungen in der Betriebsratsarbeit.

Aus der Fülle der angesprochenen Themen können hier nur einige ausgewählte dargestellt werden:

Besonders Frauen sind von prekären Beschäftigungsverhältnissen betroffen. Zwei Drittel der Beschäftigten im Einzelhandel sind Frauen. Nur ein Drittel der Arbeitsverhältnisse sind Vollzeitstellen. Alle anderen sind Teilzeitstellen, geringfügige Beschäftigungen oder Nebenerwerb. Insbesondere von ihnen wird dabei volle Flexibilität werlangt, es gibt kaum feste Arbeitszeiten. Zwei Betriebsrätinnen machten es ganz deutlich: "Stundenanteile werden bewusst niedrig gehalten, damit die Mitarbeiterinnen zeitlich flexibel eingesetzt werden können. Gleichzeitig gibt es aber die Erwartung, dass diese Beschäftigung Vorrang vor allem anderen haben muss. Von der Vereinbarkeit von Familie und Beruf kann da wirklich keine Rede sein. Im Gegenteil: Es entsteht immer mehr psychischer Druck, gerade z.B. auf Mütter."

Dazu trage auch die Verdichtung der Arbeit bei: "Bei gleich gebliebener Fläche arbeiten oft nur noch die Hälfte der Beschäftigten in der Filiale. Neben der hohen körperlichen Belastung, weil ja die anfallende Arbeit mit den Waren dieselbe bleibt, haben wir auch kaum noch Zeit für die Beratung der Kunden. Das ist nicht nur unbefriedigend für einen selbst, sondern letztlich ja auch nicht wirtschaftlich für den Betrieb." Markus Kurth stellte denn auch fest: "Das ist Sägen am eigenen Ast. Wer einen wirtschaftlich gesunden Betrieb in einer attraktiven, belebten Innenstadt erhalten will, darf doch gerade am Service für die Kunden nicht sparen."

An der Reinoldikirche nutzte Philip Keens die Gelegenheit, die ver.di-Kritik an Sonntagsöffnungen zu erneuern. Nicht ohne Grund sei zumindest ein Tag in der Woche besonders geschützt und z.B. für die Familie oder private Aktivitäten freigehalten sei. Frank Bsirske ergänzte dies mit Blick auf die Struktur des Handels: "Die Großen werden das nutzen, denn sie können auch Sonntagszeiten abdecken. Aber die kleinen Läden, viele von ihnen spezielle Fachgeschäfte, bleiben auf der Strecke, denn für sie ist das zusätzlich nicht leistbar."

Michael Kötzing wies auf die schwierigen Bedingungen für gewerkschaftliche Arbeit in Betrieben hin: "Wir erleben ständig, dass die Neugründungen oder die Arbeit von Betriebsräten behindert oder sogar verhindert werden. Aber es zieht keine Konsequenzen nach sich, wenn dieses gesetzliche Recht der Arbeitnehmer*innen missachtet wird. Wir fordern deshalb spezielle Schwerpunktstaatsanwaltschaften und die konsequente Verfolgung dieser Rechtsbrüche!" Damit stieß er bei Markus Kurth auf offene Ohren, der auf einen Antrag der GRÜNEN Bundestagsfraktion verwies, die genau dies im Sinne der Arbeitnehmer*innen und Gewerkschaften in der laufenden Wahlperiode beantragt hatte.

Frank Bsirske zog am Ende ein persönliches Fazit des gut dreistündigen Rundgangs: "Millionen Menschen im Handel gehen sehenden Auges in die Altersarmut. Hier brauchen wir politische Lösungen. Das GRÜNE Konzept der Garantierente ist da ein wichtiger Baustein. Und politischen Rückhalt brauchen wir auch für die betriebliche Mitbestimmung, denn sie ist die Grundlage für gute Arbeitsbedingungen."

Markus Kurth, Frank Bsirske, Anke Weber hören zu

Markus Kurth, Frank Bsirske, Anke Weber (von links)

Eine Betriebsrätin (rechts) informiert über Arbeitsbedingungen im Handel

Zwei Betriebsrätinnen (links) berichten besonders über die Situation von Frauen im Handel

Abschlussfoto mit ver.di-Betriebsrät*innen und Politiker*innen


Die Zeitschrift der GRÜNEN in Dortmund

 
 
 
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